Die Bedeutung von Mantras
Im letzten Rundmail ging es um das Rezitieren von Mantras. Im folgenden sind einige Erklärungen zur Bedeutung von Mantras. Wir alle können leicht nachempfinden, wie machtvoll Worte und Töne sind. Ein paar freundliche Worte oder eine schöne Melodie rufen sofort ein angenehmes Gefühl hervor, während aggressive oder unharmonische Töne uns abschrecken, oder wütend machen. Leicht können ein paar unachtsame Worte unseren ganzen Tag verderben. Die wörtliche Übersetzung von Mantra bedeutet: „Das, was den Geist schützt.“ Und zwar schützen Mantras den Geist vor Ablenkung, Verwirrung, auch vor Negativität. Erleben wir schwierige Zeiten und Umstände im Leben, können sie unseren Geist davor schützen, verwirrt oder sogar ver-rückt zu werden. Es sind „Schlüsselworte“, die uns an die vollkommene Reinheit, und ursprüngliche Weisheit von Tönen erinnern. Meist sind Mantras in Sanskrit, aus dem das Tibetische Alphabet entwickelt wurde, belassen. Mantras erlauben uns, die Schwingung der Erleuchtung zu erfahren. Sie sind erleuchteter Geist als Ton ausgedrückt, und sind mit dem Segen der jeweiligen Meditationsgottheit aufgeladen. Mantras sind Ausdruck der Essenz der jeweiligen buddhistischen Gottheit. So ist das Mantra OM MANI PEME HUNG die Essenz des grenzenlosen Mitgefühls, das Chenrezig verkörpert. Durch das Rezitieren des Mantras und dem zusätzlichen Visualisieren von Chenrezig, stärken wir das uns innewohnende Potential von grenzenlosem, unparteilichem Mitgefühl. Wir verbinden uns mit dieser Energie. Durch dieses Konzentrieren auf positive Energie und Symbole, wird der Geist auch von allen negativen Emotionen und Konzepten, die uns behindern, und Leiden verursachen gereinigt. Unsere Buddhanatur wird erweckt und gestärkt. Für die Tibeter ist das Rezitieren von Mantras selbstverständlicher Teil des Lebens. Jedermann rezitiert Mantras vom Kind bis zum alten Menschen. Man graviert Mantras in Steine oder Felsen oder druckt sie auf Gebetsfahnen. Dabei ist die Intention, dass die Gebetsfahnen die mitfühlende Energie, die das Mantra verkörpert, in alle Winde weht, und so den Menschen hilft, und Harmonie verbreitet.
Frage: Warum werden Mantras als so machtvoll angesehen?
Antwort: »Mantra« (tibetisch ngag) bedeutet »rühmenswert«, denn das wiederholte Rezitieren eines Mantras ermöglicht uns das leichte und schnelle Erreichen unseres Ziels. Die Wirksamkeit von Mantras basiert auf vier Faktoren: erstens auf ihrer Wesensnatur, welche die Natur der Wirklichkeit ist, weil sie sich nicht von der Leerheit, dem Dharmakaya, unterscheidet; zweitens auf ihrer innewohnenden Natur auf der Ebene der Phänomene – sie bestehen aus Klängen und Silben, die sich spontan aus der Weisheit und dem Mitgefühl von Buddhas, Bodhisattvas, Haltern des vollkommenen Gewahrseins und weit fortgeschrittenen spirituellen Meistern manifestieren; drittens auf dem Segen realisierter Wesen, die Mantras durch ihre Motivation und ihre authentischen Wunschgebete gesegnet und dadurch ihre Realisation der Untrennbarkeit der Gottheit und des Mantras in die spirituelle Übung eingebracht haben; und viertens auf ihrer Energie und Macht, indem Mantras dem Geistesstrom eines Menschen, der sie immer wieder voller Vertrauen rezitiert, spirituellen Erfolg und Segen übertragen. Chagdud Tulku