Einige Gedanken zum Leiden
Viele Menschen wundern sich, dass es im Buddhismus scheinbar so viel um Leiden geht. Aber es ist eine Tatsache, dass wir alle im Leben zu verschiedenen Zeiten Krankheit, Alter, Einsamkeit, Enttäuschung erfahren und ständig den Prozess der Veränderung erleben. Niemand mag dieses Thema: Leiden! Oh Nein! Viele beschweren sich über den Buddhismus, weil er immer über Leiden spricht und sie meinen: „Ich habe schon genug Leiden, ich will nicht noch mehr“.
Wir müssen uns aber anschauen, was hier gemeint ist. Der Buddha sprach zwar in seiner ersten Lehrrede über Leiden. Aber er sagte nie, dass wir leiden sollten. Wir müssen verstehen, dass Samsara aus Leiden besteht, und wir, solange wir in diesem Kreislauf der Existenzen gefangen sind, niemals wirkliches Glück finden werden. Deshalb lehrte er, „erkennt das Leiden, betrachtet und versteht es.“ Es ist ein Unterschied ob man sich dem Leiden unterzieht, der ob man es versteht. Natürlich erkennen wir alle Leid und Unglück, deshalb wollen wir es ja auch loswerden. Aber dieses einfache Verständnis reicht nicht aus. Wir müssen genauer hinschauen und tiefer erforschen. Dadurch erkennen wir, wie der Buddha es lehrte, die verschiedenen Arten von Leiden.
Wir sehen, dass alle Wesen, egal ob sie reich oder arm sind, gebildet oder nicht, religiös oder nicht, Glück suchen und Leiden, Probleme, Unglück loswerden wollen. Jetzt ist aber die Frage, ob wir deshalb das Leiden verleugnen wollen, oder beschließen, es genau zu betrachten. Das Leiden zu verleugnen, kann vielleicht für eine Weile Erleichterung verschaffen, aber es ist so, als ob man versucht, ein Feuer mit Zeitungspapier abzudecken. Wie lange wird der Effekt dauern? Verleugnen bringt keine dauerhafte Erleichterung. Besser ist, unser Leben und unsere Erfahrungen zu betrachten und mit der Lehrrede Buddhas zu vergleichen: ist Verleugnen hilfreich und funktioniert es, oder ist Erkennen besser?
Am Anfang wird es vielleicht etwas unangenehm sein, aber wenn wir das Feuer anschauen, können wir es mit Wasser dauerhaft löschen. Wir werden die Wurzel erkennen, und sie beseitigen. Der Buddha sagte: „Erkenne das Leiden, gib seine Ursache auf.“ Deshalb lehrte der Buddha die Zweite Edle Wahrheit, um die Wurzeln des Leidens zu überwinden. Dabei fragen wir: „Was ist dieses Leid überhaupt, was steckt hinter dem für uns leicht wahrnehmbaren Leiden, hinter allen unseren Problemen, was ist die Wurzel dafür? Wie können wir die subtilere Ebene verstehen, das Allesdurchdringende Leiden. Und was ist das Alles-durchdringende Leiden?“ Es entsteht aus Angst, der grundlegenden Angst, dass wir das, was uns glücklich macht, nicht erhalten, und dass wir Zustände erleben müssen, die für uns schwierig und schmerzhaft sind. Schauen wir uns das gewöhnliche, vermeintliche Glück genauer an: dieses Glück enthält das Allesdurchdringende Leiden, denn es ist Angst darin enthalten: die Angst, das Glück zu verlieren, und dem zu begegnen, was wir nicht mögen. Diese Angst ist die gleiche, ob wir ein König oder ein Bettler sind. Diese grundlegende Angst ist die gleiche für alle Wesen und sie ist berechtigt, denn da unser Glück immer von Bedingungen und äußeren Dingen abhängig ist, wird es sich zwangsläufig verändern. Deshalb geht es bei allen buddhistischen Lehren und Methoden darum, diese Tatsachen des Lebens zu erkennen und durch die Erkenntnis der Wurzeln des Leidens, so viel inneren Halt, Stabilität, Klarheit, Zufriedenheit, also das Glück in uns, zu entwickeln, dass wir von äußeren Bedingungen unabhängiger werden.