Über negative Emotionen
aus einem Kurs mit Lama Tsöndu
Wir lernen, dass negative Emotionen unseren Geistesfrieden zerstören und unser Leben vergiften. Unter ihrem Einfluss zu sein bedeutet, dass wir keine Kontrolle über unseren Geist haben. Sie sind wie Gift, das es unmöglich macht, uns anders zu verhalten oder zu denken, auch wenn wir dies wollten. Wir verursachen Schmerz und Leid für uns selbst und andere und schaffen als Folge schlechtes Karma, das irgendwann wieder zu uns zurückkommen wird.
Aber der Buddha hat gelehrt, dass die Essenz unseres Geistes vollkommen rein und perfekt ist. Wir sind von Natur aus keinen schlechten Menschen, im Gegenteil, wir sind perfekt mit allen erdenklichen positiven Qualitäten. Leider ist diese perfekte Natur, Buddhanatur genannt, überdeckt und versteckt hinter einem Schleier von Unwissenheit, Anhaftung, Abneigung, den drei wichtigsten Geistesgiften, zu denen Eifersucht, Gier und Stolz dazu kommen. Im Rad des Lebens sind sie ausgedrückt durch Schlange, die Wut und Ärger symbolisiert, Verlangen, ausgedrückt durch den Hahn, und Unwissenheit als Schwein dargestellt. Sie sind die Wurzeln all unserer Probleme.
Der gesammte Dharma-Weg, alle buddhistischen Lehren, haben das Ziel, diese negativen Emotionen oder Kleshas zu überwinden und bei allen Methoden geht es darum, sie zu reinigen und zu überwinden und dabei alle positiven Qualitäten zu fördern.
Einige Gedanken zu Anhaftung und Verlangen:
Das Verlangen ist die vorherrschende Emotion in der menschlichen Welt, unser „Haupt-Geistesgift“.
Manchmal ist es schwer zu erkennen, aber wir leben in der Welt der Begierden. Wir wünschen uns ständig etwas, wenn auch nur eine Tasse Tee oder einen Spaziergang. Wir planen, was wir als nächstes tun könnten, wie wir Freude finden und uns gut fühlen können. Wir versuchen immer etwas zu finden, das uns zufriedenstellt. Als Menschen haben wir den Intellekt, verwenden ihn aber hauptsächlich, um Freude und Befriedigung zu finden, Dinge zu suchen, die uns glücklich machen, und um für die Zukunft zu planen.
Der Grund dafür, ständig im Außen zu suchen ist, dass uns etwas im Inneren fehlt. Uns fehlt der Kontakt zu unserer wahren Natur. Wir fühlen uns unvollständig, also brauchen wir einen Partner, der uns eins und vollständig fühlen lässt. Wir verlieben uns und projizieren all die Schönheit und Werte, die wir in uns selbst nicht sehen können, auf jemand anderen. Nach einer Weile stellen wir fest, dass die Person nicht so ist. Dann projizieren wir das, was wir nicht in uns sehen wollen und sehen alle Fehler in der anderen Person.
Buddhaschaft bedeutet, uns selbst so zu erleben, wie wir wirklich sind, und vollen Kontakt mit unserer wahren Natur zu haben. Große Meditierende brauchen nichts von außen, sie haben alles in sich. Buddha wünscht sich nichts, er hat alles in sich.
Wenn wir es schaffen, achtsam zu bleiben, wann immer wir uns etwas wünschen und auch nicht anzuhaften an Menschen, Dingen, Gedanken, Emotionen; wenn wir lernen, den gegenwärtigen Moment zu schätzen, können wir erkennen, dass wir schon alles haben. Meditation soll helfen, Glück in uns selbst zu finden. Je mehr wir meditieren und uns spirituell entwickeln, desto mehr Glück und Freude im Geist entstehen und wir beginnen, das wahre Selbst zu finden. Die Momente im Leben, in denen wir vollkommen glücklich sind, sind Momente, in denen wir nichts brauchen, und fühlen, dass wir alles haben. Echtes Glück bedeutet kein Verlangen mehr, nichts wünschen. Das Problem ist, dass wir unsere Schönheit nicht kennen und außen danach suchen. Gerade für Menschen in reichen Ländern sind die Wünsche besonders endlos, nie haben wir genug. Dies wird gefördert durch Fernsehen und Werbung, denn Konsum und Geschäfte sollen wachsen. Aber es scheint, dass, je reicher die Menschen äußerlich sind, umso ärmer sind sie innerlich. Wir können uns fragen: Was brauche ich wirklich? Und uns sagen: genug ist genug.
Wünschen und Verlangen kann auch positiv sein. Wir können positives Verlangen nutzen, um negatives Verlangen zu überwinden. Wir sollten nie genug davon bekommen, dass wir anderen helfen wollen, uns verwandeln und Erleuchtung erreichen, dass wir aus dem Kreislauf von Samsara herauskommen wollen. Samsara bedeutet, dass wir immer Dinge erstreben, von denen wir uns Glück erhoffen, und weg kommen wollen von Dingen, die Schwierigkeiten oder Leid verursachen könnten. Heilmittel gegen Begierde und Anhaftung
- Sei dir dessen bewusst, verstehe sie und betrachte sie tiefgehend. Fühle dich nicht schuldig, es ist keine Sünde, Anhaftung und Verlangen zu haben. Lerne zu akzeptieren und zu verstehen, dass Verlangen eine subtile Art des Leidens ist.
- Lerne, dich selbst zu lieben, dich selbst zu kennen, dir deiner positiven Eigenschaften bewusst zu sein, Selbstwertgefühl zu entwickeln. Das Verlangen ist da, weil wir uns nicht genug schätzen, und die guten Dinge nur außerhalb von uns sehen. Fang an, gute Dinge im Inneren zu sehen, dann brauchst du weniger.
- Genieße den gegenwärtigen Moment. Es ist die einzige Realität, deshalb schätze was hier ist, der Sonnenschein, die Gesundheit usw.
- Übe dich in Großzügigkeit, mach viele Opfergaben oder Spenden, geistig oder körperlich. Dazu gehört, dass man anderen Dinge anbietet, die man selbst sehr mag. Ein Aspekt ist auch, mental Dinge zu geben, an denen man sehr anhaftet.
- Wenn man viel Verlangen hat, dann sollte man nie genug haben von guten Dingen wie Meditation, guten Eigenschaften, guten Handlungen, guten Absichten, positiver Rede, viel Verdienst.
- Eine kraftvolle Methode als Heilmittel ist Tonglen, die Praxis, in der man das eigene Glück mit dem Leid anderer tauscht. Bei dieser Methode hat alles mit der Entwicklung von Liebe und Mitgefühl und mit dem Geben zu tun. Chenrezig Puja ist nützlich, um das Verlangen zu verringern, und AmithabaPraxis, um das Verlangen zu transformieren.
Positive Energie des Begehrens ist empfänglich zu sein, kommunizieren zu können. Empfänglich sein bedeutet, sehen zu können, wie es anderen geht, Mitgefühl zu haben. Menschen mit viel Verlangen haben das beste Potential, um liebevolle Güte, Mitgefühl und Hingabe zu entwickeln. Unterdrücktes Verlangen drückt sich in Menschen aus, die sich nicht erlauben, Vergnügen zu empfinden. Lern also, dir zu erlauben, Dinge zu genießen und Freude zu empfinden. Das Gegenteil von Verlangen ist Zufriedenheit mit allem, was da ist.
Anhaften und Verlangen
Objekte, die wir begehren, sind wie Salzwasser: Je mehr wir sie genießen, umso mehr verlangt es uns danach. Auf der Stelle alles aufzugeben, was unsere Anhaftung auslöst, ist die Praxis eines Bodhisattva. (aus „Die 37 Praktiken eines Bodhisattva“) In den Meditationsgruppen geht es um Anhaftung, Verlangen, Festhalten, Wollen, nicht loslassen können. Der Grund ist die Tatsache, dass je mehr wir anhaften, wollen, wünschen, umso größer die Chance ist, dass wir enttäuscht werden und leiden. Unser Wollen und Wünschen ist wie Salzwasser – je mehr man davon genießt, umso übermächtiger wird es, und wird nie erfüllt werden. Wir strengen uns so an, Dinge anzusammeln, und dabei geht es nicht nur um materiellen Besitz, Wohlstand, Essen, Kleider, Freunde, etc. Es geht auch um Anerkennung, Einfluss, Kontrolle, Macht, Status, das Verlangen, gebraucht zu werden, wichtig zu sein.
Wir haften an unseren Gedanken, Gefühlen, an unserer Intelligenz, unseren Überzeugungen, Meinungen, Standpunkten, an unserer Identität, an Ruhe oder Aufregung an. Wir haften oft sogar an leidvollen Situationen an. Drupon Rinpoche lehrt, dass es vier Blockaden gibt, die uns davon abhalten, Buddhaschaft zu erlangen, und dazu gehört die Anhaftung an weltliches Wohlbefinden im Allgemeinen, und an die Erfahrungen dieses Lebens. Dazu gehören Geld, Haus, Freunde, Familie, das, was wir normalerweise benutzen. Darum lehrt er, vorsichtig zu sein dabei, was wir wirklich brauchen und mögen. Wir sollten nicht zu fixierte Vorstellungen davon haben, was wir brauchen, und was unbedingt nötig ist für unser Wohlbefinden. Denn zu viel davon macht das Leben für uns, und macht uns für andere problematisch und schwierig. Wir haften zu sehr an Erscheinungen des Lebens an, und wie wir wissen, ändern diese sich ständig. Das heißt, wir leben auch in ständiger Angst, dass sich unsere Wünsche nicht erfüllen könnten, oder dass wir verlieren, was wir mühsam erarbeitet und erstrebt haben.
Darum sollten vor allem Dharma Praktizierende diese Dinge anders betrachten, und weltliche Belange, Status, Ruhm, Wohlstand eher als Hindernis sehen und etwas, das nicht so erstrebenswert ist. Milarepa und die Einsiedler anderer Traditionen waren glücklich und zufrieden mit sehr wenig materiellem Komfort, für sie war ihr geringer Besitz genug, aber sie hatten und haben nie genug vom Studieren, Kontemplieren, Meditieren und der Praxis des Geistestrainings oder der Dharma-Praxis.
Wohlstand, Ruhm, Status können uns nie in die Lage versetzen, uns zu befreien.