Gesche Sonam Rinchen führt das treffende Beispiel im Vers etwas mehr aus.
Er sagt, wir können den Körper als Gasthaus betrachten und unser Bewusstsein, unseren Geist, als einen Reisenden auf den Straßen der weltlichen Existenz. Reisende bewegen sich von einem Hotel zum nächsten, bleiben einmal länger, einmal kürzer in einem Gasthaus, aber verweilen nie für immer im selben. Immer wieder müssen sie sich von dem Ort, an den sie sich gewöhnt haben, trennen und weiterziehen. Auf dieser Reise können sie nur mitnehmen, was sie an sich tragen können. Wenn unser Reisegepäck so beschränkt ist, wollen wir den Rucksack dann nicht mit wirklich sinnvollen Dingen vollpacken? Da wir bei der Weiterreise aus diesem Leben nichts als das, was wir im Geist entwickelt haben, mit uns nehmen können, sollten wir dafür sorgen, dass so viel Positives, Heilsames wie möglich im „Geistes-Rucksack“ ist. Dies sind Qualitäten wie Herzensgüte, Mitgefühl, Toleranz, Geduld, Großzügigkeit, etc., die wir durch unsere Dharma-Praxis entwickeln. Nachdenken über Vergänglichkeit, Tod, vergangene und zukünftige Leben soll uns nicht deprimiert und trostlos machen. Wir lernen dadurch die richtigen Prioritäten zu setzen, unsere Zeit nicht mit sinnlosen Beschäftigungen zu verschwenden, sondern jeden Moment dieser wertvollen Lebenszeit wertzuschätzen. Vor allem hilft es uns, nicht so anzuhaften an Dingen, Menschen, unserem eigenen Körper, da wir ja irgendwann alles zurücklassen müssen, wenn wir sterben. Und da wir lernen, dass gerade dieses starke Anhaften sehr viel Leid schafft, können wir uns sehr viel Leid ersparen, wenn wir lernen, an all dem weniger festzuhalten und zu klammern.
Vers 18
Auch wenn man mit Armut geschlagen ist und immer verachtet wird,
von schwerer Krankheit und von bösen Geistern heimgesucht wird:
Seinen Herzensmut nicht zu verlieren,
sondern die Untaten und das Elend aller Wesen auf sich zu nehmen, ist die Praxis eines Bodhisattva.
Es kann vorkommen, dass wir von Schwierigkeiten geplagt sind, Schwierigkeiten haben, selbst die Grundbedürfnisse des Lebens zu finden, andere uns herabsetzen, wir an Krankheit und Schmerz leiden und Geister uns bedrängen. Wenn Dinge schief gehen und unsere körperliche Verfassung schlecht ist, müssen wir uns davor schützen, uns verzweifelt zu fühlen und unser geistiges Gleichgewicht und unsere Klarheit zu verlieren. Wir könnten versucht sein, uns Drogen oder Alkohol zuzuwenden, um unserem Elend zu entkommen, aber wenn wir es schaffen, standhaft zu bleiben, können wir unsere Situation besser lösen. Viele andere Lebewesen haben aufgrund ihrer früheren Handlungen ähnliche Schwierigkeiten, während andere wiederum Handlungen ausüben, die in solchen Erfahrungen zum Tragen kommen werden.
Es ist eine Bodhisattva-Praxis zu denken: „Möge mein Leiden ihr Leiden ersetzen.“ Die Menschen, die zu unseren Problemen beitragen, sollten als spirituelle Lehrer gesehen werden, die uns helfen, mehr Geduld, Mitgefühl und Liebe, enthusiastische Anstrengung, Freundlichkeit, Ausdauer, den Wunsch nach Freiheit und ein Verständnis für Vergänglichkeit zu entwickeln. Wenn wir unsere Intelligenz und Fähigkeiten einsetzen, kann das bloße Hören der Nachrichten als Lehre und Vertiefung unseres Verständnisses dienen. Wenn wir dies nicht tun, wird es vielleicht nur die Flammen der Vorurteile anfachen oder uns Leiden verursachen.
Sei zufrieden mit dem, was du an gewöhnlichen Dingen hast – aber niemals mit dem Dharma. Wenn deine gewöhnlichen Wünsche und Abneigungen unersättlich sind, und du keinen Wunsch nach dem Dharma hast, kannst du nur tiefer und tiefer sinken.Dilgo Khyentse Rinpoche