Samye Dzong daheim Nr. 59

Inspirationen für schwierige Zeiten

Wenn wir mutig genug sind, mit unserem Schmerz zu sitzen,
vertieft es unsere Fähigkeit, mit dem Schmerz anderer zu sitzen.
Es zeigt uns, wie wir sie lieben können.

Als Teil unserer Terrassenverschönerung soll im Hof ein Fahnenmast befestigt werden, der so hoch ist, dass diese beiden Fahnen und noch eine weitere übereinander im Wind flattern können. Im Unterschied zu den drei bisher bestehenden Masten, werden wir hier eine richtige Vorrichtung haben, um die Fahnen auszuwechseln, wenn sie nicht mehr ansehnlich sind.

Umwelt

In der Vergangenheit hatten die Menschen in den meisten Teilen der Welt ein sehr unkompliziertes Verhältnis zur Umwelt. Sie nutzten die von der Natur bereitgestellten Ressourcen nach Bedarf und richteten aufgrund der Einfachheit ihres Lebens nur selten großen Schaden auf der Erde an. Dies hat sich jedoch in jüngerer Zeit stark verändert. Nicht nur, dass unser Leben nicht mehr so einfach ist, auch unsere Beziehung zur Umwelt ist viel komplizierter und wir haben jetzt eine enorme Macht, ihr Schaden zuzufügen.
Unser Lebensstil im 21. Jahrhundert stellt enorme Anforderungen an die Umwelt. Wir verbrauchen immer mehr Ressourcen wie fossile Brennstoffe, Holz und Wasser, ohne an die möglichen Folgen zu denken. 
Wir glauben, dass wir alle möglichen Gadgets, Spielzeuge und Maschinen brauchen, ohne darüber nachzudenken, ob diese wirklich wichtig und nützlich für uns sind. Manchmal scheint es keine natürliche Grenze für menschliche Wünsche zu geben. Aber es gibt eine Grenze dafür, wie Mutter Erde in der Lage ist, uns zu ernähren. Wir können es uns nicht leisten, unseren Wünschen weiterhin unbedacht und unreflektiert nachzugeben.

Als er über das Bodhisattva-Gelübde schrieb, sagte Chandragomen:
„Für andere und auch für dich selbst,
Tu, was nützlich ist, auch wenn es schmerzhaft ist.
Tu, was sowohl nützlich als auch vergnüglich ist.
Tu nicht, was Vergnügen bereitet, aber keinen Nutzen bringt.“

Wenn also etwas, das wir wollen, Nutzen bringt, und dabei uns oder der Umwelt nicht schadet, dann können wir es als notwendig ansehen. Aber wenn das nicht der Fall ist, sollten wir auf jeden Fall zweimal darüber nachdenken, warum wir es wollen, und ob wir es überhaupt brauchen. 
Dennoch ist dies etwas, das der Einzelne abwägen und für sich selbst entscheiden muss. Diese Art von aktiver Entscheidung bedeutet, dass man eine gut überdachte Wahl mit Vertrauen in ihren Nutzen trifft und nicht einfach blindlings entscheidet. Auf diese Weise können wir unsere Handlungen mit unseren Wünschen in Einklang bringen. 
Quelle: Environmetal Guidelines for Karma Kagyu Buddhist Monasteries, Centers and Community (2008). 

Trainieren und Dienen

Bodhisattvas übernehmen bereitwillig die Verantwortung zu helfen und wählen Wege, die den Voraussetzungen und Anlagen, den Interessen und Fähigkeiten anderer entsprechen, dies bedeutet, dass sie Fachwissen in vielen Bereichen benötigen. Als Teil ihres Verhaltens praktizieren sie die sechs Vollkommenheiten (oder Paramitas) von Großzügigkeit, ethischem Verhalten, Geduld, Disziplin, Konzentration und Weisheit, und verpflichten sich zu dieser Lebensweise, weil sie zum Wohle aller Lebewesen Erleuchtung erlangen wollen.
Wir behaupten, ihnen nachzustreben, daher sollte unser Interesse an den Lehren nicht nur aus Neugier oder dem Geschmack für außerordentliche Fakten resultieren. Wir kennen bereits viele davon, und es gibt anderswo noch viel mehr zu entdecken. Hoffentlich sind wir wirklich daran interessiert, was uns und anderen Glück bringt, und haben erkannt, dass externe Faktoren nicht die Hauptquelle dafür sind. Glück entsteht durch die Veränderung unseres Denkens, Fühlens und Handelns.

Im Text über die 37 Praktiken eines Bodhisattvas, den wir in den Meditationsgruppen gemeinsam durcharbeiten, kommen wir nun zum Abschnitt über die Paramitas oder vollkommenen Qualitäten, die auf dem Übungsweg des Bodhisattvas, dessen Denken und Ziel das Wohl der anderen Wesen ist, eine wichtige Rolle spielen. Die erste davon ist die Großzügigkeit. Es folgen einige Gedanken zum Geben.

Über das Geben

Der Strom des Lebens ist nichts anderes als die harmonische Interaktion aller Elemente und Kräfte, die unsere Existenz ausmachen. Diese harmonische Interaktion aller Elemente und Kräfte in einem Leben drückt sich als Gesetz des Gebens, oder man könnte auch sagen, das Gesetz von Geben und Annehmen, aus. Da sich Körper, Geist und Universum in einem ständigen, dynamischen Austausch befinden, hat das Unterbrechen dieses Energiekreislaufes den gleichen Effekt wie ein Stillstand des Blutkreislaufes. Immer, wenn Blut nicht mehr frei fließen kann, wird es klumpig, gerinnt und stagniert. Daher muss man geben und annehmen, damit Wohlstand und alles andere, was man sich im Leben wünscht, frei strömen können. 

Jede Beziehung besteht aus Geben und Annehmen. Geben erzeugt Annehmen, und Annehmen erzeugt Geben. Was unten ist wird oben sein, was fortgeht muss zurückkommen. Geben ist tatsächlich das gleiche wie Annehmen, denn Geben und Annehmen sind nur verschiedene Aspekte des gleichen Energieflusses im Universum. Und wenn man diesen Fluss aufhält, greift man in die Intelligenz der Natur ein. In jedem Samenkorn liegt das Versprechen von Tausenden von Wäldern. Aber man darf den Samen nicht horten. Er muss seine Fähigkeit zu wachsen an einen fruchtbaren Boden weitergeben. Durch diese Gabe fließt die unsichtbare Energie in eine materielle Manifestation. 

Je mehr man gibt, um so mehr wird man empfangen, denn man hält den Überfluss des Universums damit aufrecht. Alles, was im Leben einen Wert hat, vervielfacht sich, wenn man es gibt. Was sich durch Geben nicht vervielfacht, ist weder die Gabe wert, noch das Empfangen. Wenn man beim Akt des Gebens das Gefühl hat, etwas zu verlieren, ist es nicht wahrhaft geschenkt und wird nicht wachsen. Wenn man grollend gibt, steckt keine Energie in dem Geschenk.
Am wichtigsten ist daher die Absicht, die hinter Geben und Annehmen steckt. Die Absicht sollte sein, dass man für den Gebenden und Nehmenden Glück erzeugt, denn Glück ist lebensstützend und lebenserhaltend und vermehrt sich. Der Gegenwert steht in proportionalem Verhältnis zum Geben, solange es bedingungslos geschieht und von Herzen kommt. Daher sollte der Akt des Schenkens ein freudiger sein. Man sollte so eingestimmt sein, dass man sich über den bloßen Akt des Gebens freut. Dann vermehrt sich die Energie hinter der Gabe viele Male. 

Die Anwendung des Gesetzes des Gebens ist eigentlich sehr einfach: Wenn man Freude wünscht, gibt man anderen Freude, wenn man Liebe will, sollte man lernen, Liebe zu geben. Wenn man Aufmerksamkeit und Zuwendung möchte, sollte man Aufmerksamkeit und Zuwendung geben. Wenn man materiellen Wohlstand will, so hilft man anderen, materiell wohlhabend zu werden. Der leichteste Weg, das zu erreichen, was man will, besteht darin, anderen zu helfen, das zu bekommen, was sie wollen. Dieses Prinzip funktioniert für Individuen, Firmen, Gesellschaften und Nationen gleichermaßen. Wenn man mit allen guten Dingen des Lebens gesegnet sein will, sollte man lernen, alle anderen Menschen mit den guten Dingen des Lebens zu beglücken. 
Schon der Gedanke an Schenken, der Gedanke an Segnung oder ein einfaches Gebet hat die Kraft, auf andere einzuwirken. Gedanken haben die Macht zu verwandeln.

Der beste Weg, das Gesetz des Gebens praktisch umzusetzen — den Prozess des Kreislaufs in Gang zu bringen —, besteht darin, dass man jedes Mal, wenn man Kontakt mit einem anderen Menschen hat, die Entscheidung trifft, ihm etwas zu geben. Dies braucht keine materielle Form anzunehmen, sondern könnte eine Blume sein, ein Kompliment oder ein Gebet. Am Stärksten wirkt ohnehin das Geben von nicht-materiellen Dingen. Die Geschenke von Zuwendung, Aufmerksamkeit, Zeit, Wertschätzung und Liebe sind die kostbarsten Geschenke, die man sich vorstellen kann, und sie kosten nichts. Wenn man jemandem begegnet, kann man ihm oder ihr Glück, Freude, Kraft und Humor wünschen. Solche stillen Geschenke sind sehr wirksam. 

Wie wäre es, den Entschluss zu fassen, immer etwas zu geben, wenn man irgendwohin geht, oder wenn man jemanden besucht? Man könnte darauf entgegnen: »Wie kann ich anderen geben, wenn ich momentan nicht genug für mich selbst habe?« Doch man kann eine Blume mitbringen. Eine einzelne Blume oder man kann ein Kompliment machen. Man kann ein Gebet schenken oder den Wunsch, der oder die anderen können Freude, Liebe, Lachen, Frieden, Harmonie und Wissen empfangen und erleben. Wenn man diese Dinge zuallererst anstrebt, und nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere, dann fällt einem alles Weitere von selbst zu. 
Solange man gibt, wird man auch empfangen. Je mehr man gibt, um so stärkeres Vertrauen wird man in die wundersame Wirkung dieses Gesetzes entwickeln. Und wenn man selbst mehr empfängt, wächst die Fähigkeit, zu schenken. 

Anwendung des Gesetzes vom Geben 

Heute nehme ich mir vor:
1. Ganz gleich, wohin ich gehe und wem ich begegne, ich werde ein Geschenk mitbringen. Dieses Geschenk könnte ein Kompliment sein, eine Blume oder ein Gebet. Heute werde ich jedem etwas schenken, dem ich begegne, und so beginne ich den Kreislauf aus Freude, Wohlstand und Überfluss in meinem Leben und im Leben anderer. 

2. Ich werde heute dankbar alle Geschenke empfangen, die das Leben mir bietet. Ich werde die Geschenke der Natur annehmen, die Sonne und den Vogelgesang, den Frühlingsregen oder das Aufblühen der Knospen auf den Bäumen. Ich werde auch offen für Geschenke von anderen sein, ob es sich dabei um materielle Gaben handelt, um Geld, ein Kompliment oder ein Gebet.  

3. Ich werde mich verpflichten, den Kreislauf der Fülle in meinem Leben aufrechtzuhalten, indem ich die kostbarsten Geschenke des Lebens weitergebe und empfange: die Gaben der Zuwendung, der Zuneigung, der Wertschätzung und der Liebe. Jedes mal, wenn mir jemand begegnet, werde ich ihm in der Stille Glück, Freude und Lebenslust wünschen. 

Wünsche für unsere Welt

Welt, wir leben und sterben in deinem Schoß.
Auf dir erleben wir all unser Leid und unsere Freude.
Du bist unsere Urheimat von einst.
Für immer hegen und verehren wir dich.
Wir wünschen uns, dich in das reine Reich unserer Träume zu verwandeln.
Wir wollen dich in ein Land für alle Lebewesen verwandeln,
in dem alle gleichberechtigt und frei von Vorurteilen sind.
Wir wünschen uns, dich in eine liebevolle, warme und sanfte Göttin zu verwandeln.
Unsere Hoffnung in dich ist so unerschütterlich.
Bitte sei der Boden, auf dem wir alle leben können
Damit all diese Wünsche in Erfüllung gehen.
Zeig uns nicht die dunkle Seite deines Charakters,
wo das Unheil durch die Natur regiert.
Möge in jedem Abschnitt der Länder unserer Welt
ein fruchtbares Feld des Friedens und der Freude gedeihen,
reich an den Blättern und Früchten des Glücks,
gefüllt mit den vielen süßen Düften der Freiheit.
Mögen unsere unzähligen und grenzenlosen Wünsche in Erfüllung gehen.

Komponiert von S H dem 17. Gyalwa Karmapa, Ogyen Trinley Dorje.
Quelle: Environmetal Guidelines for Karma Kagyu Buddhist Monasteries, Centers and Community (2008).

Den Geist in den vier grenzenlosen Eigenschaften üben
Meditation über Mitfreude – Sich an Gutem erfreuen

Im Buddhismus gehen wir davon aus, dass Glück aufgrund entsprechender
Ursachen entsteht, und diese Ursachen sind gute und heilsame Handlungen.
Damit wir wirklich heilsam handeln können, ist es wichtig, die
verschiedenen Arten heilsamer Aktivitäten, ihre Ursachen und Resultate zu
kennen.
Was ist der Schlüssel für das Ergebnis jeglicher positiver Handlungen? Es ist
Mitfreude. Mitfreude bedeutet, dass wir automatisch glücklich und froh
sind, wenn es anderen Menschen gut geht, wenn sie Erfolg haben, wenn sie
erhalten, was sie sich wünschen. Außerdem freuen wir uns, wenn wir
Zeugen hilfreicher, mitfühlender Handlungen werden, oder wenn wir etwas
darüber erfahren.
Wir können unserer Mitfreude durch Körper, Rede und Geist Ausdruck
verleihen. Unser Körper kann die Freude, die wir empfinden auf vielfältige
Weise ausdrücken: vielleicht sind wir zu Tränen gerührt, wir lachen, oder
wir fangen vor Freude an zu zittern. Mit unserer Rede können wir Lob
aussprechen und andere bestätigen: „Was du da tust, ist wundervoll. Das ist
großartig!“
In unserem Geist entsteht Freude ganz natürlich als Reaktion auf heilsame
Handlungen, seien es unsere eigenen oder die der anderen. In diesen
Zusammenhang ist Mitfreude ein wunderbares Gegenmittel gegen Neid und
Eifersucht.
(S. H. XVII Karmapa Ogyen Trinley Dorje – Augenblicke der Erleuchtung,
Seiten 76-78)

Unterstützung des Zentrums durch Mitgliedschaft

Es ist uns ein großes Anliegen, dass wir die Dharma-Veranstaltungen umsonst anbieten können. Darum finden außer dem 3-jährigen Studienkurs und über die VHS organisierte Vorträge, alle Meditationskurse auf Spendenbasis statt. 
Aber: wir haben laufende Unkosten und müssen Kredite abbezahlen. Darum bitten wir Euch, nicht zu vergessen, dass wir auf finanzielle Unterstützung, das heißt Spenden, angewiesen sind. Eine kontinuierliche und verlässliche Hilfe wäre, Mitglied im Zentrum zu werden und so auf dauerhafte Weise an der Weiterentwicklung dieses Ortes des Friedens und der Inspiration mit Teil zu haben.